Doppelte Freundschaft
Ist dieses Haus bereit für die Doppelspitze? Bild: Georges Schneider / APA / picturedesk.com
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Saskia Hödl
Kolumnistin

Doppelte Freundschaft

Die SPÖ tut sich keinen Gefallen, wenn sie sich nach dem knappen Ergebnis der Mitgliederbefragung weiter mit Machtkämpfen aufhält. Wieso nicht nach Gemeinsamkeiten suchen und eine Doppelspitze wagen?

Man kann sich richtig vorstellen, wie die anderen Parteien gerade Popcorn essen, während die SPÖ aus ihrer parteiinternen Pattsituation gar nicht mehr herauskommt. Was angefangen hat als Machtkampf zwischen Hans Peter Doskozil, dem Landesparteivorsitzenden im Burgenland, und der Bundesparteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner, ist zu einem sehr unangenehmen Eiertanz für die ganze Partei geworden. Auswege scheint es bisher nur schlechte zu geben. Doch vielleicht birgt die Situation auch eine Chance – die Frage ist, ob die SPÖ sie zu ergreifen vermag.


Mit dem Ergebnis der Mitgliederbefragung wurde die Partei in drei etwa gleich große Teile gehackt und wird sich nun nicht so einfach flicken lassen, egal was das Parteistatut vorsieht. Pamela Rendi-Wagner (31,35 Prozent) kündigte daraufhin vor der Presse ihren Rückzug als Parteivorsitzende an. Es ist eine Rede aus dem Textbaukasten. In sechs Minuten erklärt sie gefasst, was ihr vermutlich schon eine ganze Weile durch den Kopf geht. Doch in der Rede gibt es einen Knackpunkt: ___STEADY_PAYWALL___ Sie sagt, dass die Grundvoraussetzung für das Vertrauen in der Bevölkerung die Geschlossenheit innerhalb der Partei sei, und „diese Geschlossenheit hat in den letzten viereinhalb Jahren gefehlt.“ Ein großer und wichtiger Satz, weil er ein Eingeständnis ist. Oder eine Beschuldigung. Vielleicht auch beides.


Vom Scheintod zum Hahnenkampf


Rendi-Wagner hat es in den vergangenen Jahren kaum an Fähigkeit gefehlt. Oft schien sie aber schlecht beraten, traf nicht den richtigen Ton zur richtigen Zeit und erschien bei Interviews zunehmend matt gecoacht. Den Rest gaben ihr dann die Querschüsse von Doskozil. Dass Rendi-Wagner nun wie angekündigt die Konsequenz aus ihrem Ergebnis als Drittplatzierte zieht, ehrt sie durchaus in einem Land, in dem Rückzüge meistens nur dann vollzogen werden, wenn sie von Ermittlungen eingerahmt sind.

Vielleicht ist das Problem aber auch gar nicht die Parteivorsitzende, sondern die Partei selbst. Die Mitgliederbefragung hat, abgesehen von der dilettantischen Planung und Umsetzung, Schwung und Mitglieder gebracht und die SPÖ aus ihrem Scheintod geholt. Man musste sich schon eine ganze Weile fragen, wieso die SPÖ sozialdemokratische Themen wie leistbares Wohnen, bezahlbare Lebensmittel und Arbeit, von der man leben kann, in Zeiten, wo die Regierung gegen die Teuerung versagt, nicht aus jedem Horn bläst. Und zwar nicht nebenbei, sondern mit so viel Überzeugung, als ginge es um etwas, das einen persönlich betrifft – wie bei den parteiinternen Machtkämpfen. Nach außen wirkt die Partei oft wie ein Verein von Leuten, die selbst ausgesorgt haben und diese Sache mit der Politik zu oft eher aus Tradition machen als aus Überzeugung.

Die SPÖ könnte nun die Gelegenheit nutzen und sich finden. Doch seit Dienstag ist wieder Hahnenkampfmodus angesagt. Hans Peter Doskozil meint mit seinen 33,68 Prozent, man möge seinen Sieg jetzt bitte zur Kenntnis nehmen. Andreas Babler hält das Ergebnis zu seinen 31,51 Prozent für zu knapp und fordert eine Stichwahl. Um den Parteivorsitz werden nun beide kandidieren beim außerordentlichen Parteitag am 3. Juni in Linz. Eine Stichwahl per Mitgliederbefragung hat das SPÖ-Präsidium nach einigem Gezanke und mit einer wieder knappen Abstimmung ausgeschlossen.

Die Gegner sitzen außerhalb

Vermutlich hätte auch eine Stichwahl nur zur nächsten unangenehmen Situation geführt. Denn mehr als 60 Prozent würde sowieso keiner der beiden holen, eher weniger. Damit lässt sich vieles tun, aber keine Partei einen. Vor allem nicht bei zwei so gegensätzlichen Kandidaten. Doch Einigkeit wird nötig sein, sonst wird es nach der nächsten Nationalratswahl eine regierende FPÖ geben, womöglich mit einem Kanzler Kickl. Was dann alles möglich ist, das sollte dieses Land nicht sehen müssen.

Wenn das für die SPÖ nicht Anreiz genug ist, die Wogen in aller Freundschaft zu glätten, dann sollte sie sich vielleicht auch mal einen Schamanen bestellen, der ihr das große Ego aus dem Bauchnabel saugt. Auch wenn in den Medien die Rede von einem „Showdown“ ist, auch wenn die Partei sich durch die ganze Aufmerksamkeit endlich wieder zu spüren scheint, wären Andreas Babler und Hans Peter Doskozil gut beraten, sich nicht zu sehr gegeneinander aufstacheln zu lassen. Denn ihre Gegner sitzen außerhalb der Partei.

Doskozil und Babler könnten das Ganze auch einfach beenden und als Doppelspitze kandidieren, bevor die Partei noch mehr Schaden nimmt. Denn obwohl eine Doppelspitze aus zwei Männern nicht ganz oben auf der Wunschliste für die Modernisierung österreichischer Politik steht, könnten so beide ihr Gesicht wahren. Es wäre ein Schritt weg von diesem antiquierten Machtgehabe. Einzeln wird sowieso keiner von beiden glaubwürdig dem anderen Parteiflügel die Hand reichen können – wieso also nicht auf Gemeinsamkeiten bauen statt auf Unterschiede. Solange sich beide noch als Sozialdemokraten bezeichnen, sollte das möglich sein. Bei vielen Themen sind sie gar nicht so weit voneinander entfernt.

Die Partei könnte sich so nach innen und außen breit aufstellen. Denn bei aller Wertschätzung für die neu gefundene direkte Demokratie innerhalb der Partei: am Ende werden nicht nur die Mitglieder darüber entscheiden, ob die SPÖ aus der Opposition herauskommt.





Autor*in: Saskia Hödl

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