I bims, die Vina!
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Vina Yun
Kolumnistin

I bims, die Vina!

Say my name: Ist es wirklich so viel schwieriger, den Namen von Pita Limjaroenrat auszusprechen als den von Annegret Kramp-Karrenbauer? Unsere Kolumnistin Vina Yun über Aussprache und Respekt.

Der Ausgang der jüngsten Parlamentswahlen in Thailand sorgte international für Aufsehen: Mit überwältigender Mehrheit stimmten die Wähler*innen im Mai für die oppositionelle "Move Forward"-Partei (MFP) und damit gegen die bisherige konservative Militärregierung. Es gilt als wahrscheinlich, dass MFP-Chef Pita Limjaroenrat neuer Premierminister wird.

Interessiert verfolge ich im ORF-Nachrichtenjournal "Zeit im Bild" den Wahlkampf im rund 70 Millionen Einwohner*innen großen südostasiatischen Staat, als der Satz fällt: "Das politische System ist ähnlich kompliziert wie die Aussprache thailändischer Namen." Häh? In der darauffolgenden Ausgabe der "Zeit im Bild" wird der Name Pita Limjaroenrats dann gar nicht mehr ausgesprochen, sondern nur mehr eingeblendet. Lieber ORF, ist das euer Ernst?

Der Eiertanz um die Aussprache

Hat man es hierzulande mit einem nicht "typischen" deutschsprachigen Namen zu tun, wird gerne ein Eiertanz aufgeführt. Eine Erfahrung, den viele Migrant*innen in Österreich zu ihrem Leidwesen kennen. Ich habe absolutes Verständnis dafür, wenn die korrekte Aussprache eines Namens nicht gleich auf Anhieb gelingt. Aber ehrlich, die Jammerei, wie kompliziert "ausländische" Namen doch seien, nervt – noch dazu in einem öffentlich-rechtlichen Medium.

Viel zu oft habe ich erlebt, wie wenig Österreicher*innen bemüht sind, sich Namen zu merken, die in ihren Ohren "fremd" klingen – und im schlimmsten Fall ihre migrantischen Mitmenschen kurzerhand umbenennen. Mein Familienname Yun ist super kurz und super einfach (behaupte nicht nur ich). Aber wie viele "kreative" Interpretationen habe ich mir schon anhören dürfen – "Jung", "Yang", "Dschun", um nur einige wenige zu nennen –, anstatt mich einfach zu fragen, wenn man mal unsicher ist. Noch öfter fallen bei meinem Vornamen Witzchen über Wein (da brechen die minimalen Lateinkenntnisse von annodazumal hervor). Gähn.

Vina kommt von Wien

Tatsache ist, dass sich Vina von Wien ableitet, wo sich meine Eltern in den 1970er-Jahren niederließen und ich geboren wurde. Ich kenne einige weitere Menschen, bei denen sich die Migrationsgeschichte der Familie im Namen widerspiegelt. Was für eine schöne Geste!

Noch beliebter ist es unter migrantischen Eltern, den Nachkommen einen deutschsprachigen Namen (oft als zweiten Vornamen) mitzugeben – vielleicht auch im Wissen, dass Personen, die Ali oder Nasrin heißen, es in Österreich schwerer haben. Wiederholt haben Untersuchungen (zum Beispiel hier und hier) gezeigt, dass Menschen mit "ausländisch" klingendem Namen – vor allem wenn er türkisch- oder arabischsprachig ist – bei der Wohnungs- und Jobsuche öfter abgelehnt werden als Menschen mit einem Namen, der nicht als migrantisch wahrgenommen wird. Und das ganz unabhängig davon, welchen Pass erstere besitzen.

Namen und Identität

Manche Personen mit Migrationsbiografien geben sich selbst einen deutsch- oder englischsprachigen Namen. Mein Bruder etwa nennt sich, angelehnt an seinen koreanischen Namen, Joe, meine Mutter Susanna, nach ihrem katholischen Taufnamen. Eine Strategie, mit der man enervierenden Diskussionen über Sprech- und Schreibweise des eigenen Namens entgeht – sich aber auch als zugehörig in diese Gesellschaft reinreklamiert.

Erkennt man Menschen ihren Namen ab, negiert man einen Teil ihrer Identität. In den letzten Jahren haben mehrere Kampagnen in Deutschland (darunter "Respekt beginnt beim Namen" von der Initiative DeutschPlus und #wetterberichtigung von den Neuen deutschen Medienmacher*innen sowie den Neuen Schweizer Medienmacher*innen) eingefordert, was selbstverständlich sein sollte: Die Vielfalt in der Bevölkerung anzuerkennen, indem man auch die vermeintlich exotischen Namen migrantischer Mitbürger*innen als normal begreift.

Zurück zum thailändischen Oppositionsführer Pita Limjaroenrat – ein Name, der meiner Meinung nach leichter auszusprechen ist als, sagen wir mal, Annegret Kramp-Karrenbauer.

Zurück zum thailändischen Oppositionsführer Pita Limjaroenrat – ein Name, der meiner Meinung nach leichter auszusprechen ist als, sagen wir mal, Annegret Kramp-Karrenbauer. Vor einigen Jahren ging ein Video viral, das sich über die Schwierigkeiten internationaler Nachrichtensprecher*innen lustig machen wollte, den Namen der ehemaligen deutschen Verteidigungsministerin und CDU-Chefin korrekt wiederzugeben. Ich finde ja, dass das Video eher das Gegenteil beweist: Wacker nehmen die Newshosts die eben nicht geringe Namenshürde. Anstatt wie im ORF rumzulamentieren und den Bammel vor fremdem Namen breitzutreten.

Autor*in: Vina Yun

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