Wie es jungen Journalist*innen in Österreich geht
Jetzt reden wir: Junge Journalist*innen im Gespräch über ihren Beruf. Collage: tag eins/privat/profil/Futterknecht
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Emil Biller
Reporter

Wie es jungen Journalist*innen in Österreich geht


Schlecht bezahlte Praktika, verkrustete Strukturen, eine kaputtgesparte Medienlandschaft: Fünf junge Journalist*innen erzählen von ihrem Alltag.


Man möge mir zweifelsohne vorwerfen, in dieser Geschichte einen gewissen Bias zu haben, bin ich doch selbst direkt betroffen – als junger Arbeitender in einer sterbenden Branche. Vom Aus der „Wiener Zeitung“ oder des Magazins „Biber“ bis hin zu sogenannten Golden Handshakes für halbe Redaktionen, in der österreichischen Medienlandschaft kracht es ordentlich. 

Sei es die „Kleine Zeitung“, der „Standard“ oder andere Medienunternehmen – fast überall gibt es Kündigungen und Einsparungen. Ohne saftige staatliche Geldspritzen und sonstige Transformationsförderungen gliche der private Medienmarkt einem Friedhof. Da kann man wohl getrost eher von lebenserhaltenden Maßnahmen sprechen als von Investitionen in eine nachhaltige, zukunftssichere Branche. 

Gerade im Printbereich führen hohe Papierpreise und strategische Versäumnisse zu massiver Ausdünnung bei Produkt und Personal. Die Folgen der Medienkrise sind schwerwiegend – für unsere Demokratie, aber auch für die betroffenen Journalist*innen. 

Für diese Geschichte habe ich mich unter jungen Kolleg*innen umgehört, wie es ihnen gerade geht.

„Trotz vieler Skills, schaut oft nicht viel dabei heraus“

Gerade in der Medienbranche ist es wichtig, dass man viele verschiedene Skills mitbringt. Aber selbst wenn man sie mitbringt, schaut oft nur ein Praktikum oder eine Karenzvertretung dabei heraus. Weil es so viele Leute für sehr wenige Jobs gibt, können Arbeitgeber*innen im Journalismus dementsprechend viel fordern. Das ist demotivierend und schwierig.

Ich bin jetzt an dem Punkt angelangt, an dem ich mir überlege, wie ich beruflich weiter mache, wenn ich nicht bald den Kickstart schaffe. Mir taugt der Medienbereich sehr und es macht mich traurig, daran zu denken, die Branche zu wechseln. Aber irgendwann will man – gerade als Frau – endlich die Karriere vom Boden weg bekommen.

Man muss es sich leisten können, ein Praktikum nach dem anderen zu machen. ___STEADY_PAYWALL___ Ich habe das Glück, dass meine Eltern mich immer unterstützen können. Ich habe ein Sicherheitsnetz, das viele andere nicht haben. Wir wissen schon lange, dass der Journalismus sehr homogen ist. Das ist ein Problem, das auch daraus entsteht, dass eben nicht alle die gleichen Chancen haben. 

Ich hoffe, dass es künftig (wieder) mehr Möglichkeiten für junge Journalist*innen geben wird, dass aus der derzeitigen Krisensituation auch neue Möglichkeiten entstehen.

Für meine Zukunft wünsche ich mir einen Job, in dem ich mich auch weiterentwickeln darf, wo ich nicht die „eierlegende Wollmilchsau“ sein muss, um irgendwie den Fuß in die Tür zu bekommen. Einen Job, der mir erlaubt zu sagen: Ich komme mit den Skills und der Begeisterung, die ich habe, und dann kann ich mich „on the Job“ weiterentwickeln. Das wäre richtig schön.

Pia Miller-Aichholz, Foto: Ines Futterknecht

Pia Miller-Aichholz, 29 Jahre alt, Journalismusstudium an der FH Wien, zuerst beim Onlineportal „1000things“, dann frei tätig, danach Politikredakteurin beim Onlinemedium „ZackZack“ bis zur Kündigungswelle, zuletzt Ausbildung zur TV-Moderatorin und seit Jänner 2024 Praktikantin beim Digitalverlag „Hashtag.jetzt“


„Ich bin mit der festen Überzeugung in den Journalismus gegangen, dass es da überhaupt keine Zukunft gibt“

Mir ist etwas passiert, das im österreichischen Journalismus normalerweise nicht passiert. Die „Kleine Zeitung“ hatte eine Stelle für Innenpolitik ausgeschrieben. Und sie haben mich tatsächlich ohne Berufserfahrung, also „nur“ mit Praktika und Studienabschluss, eingestellt. Das gleicht einem Wunder.

Eineinhalb Jahre später habe ich die„ Kleine Zeitung“ „verraten“ und mein zweites journalistisches Wunder erlebt, nämlich wieder eine ausgeschriebene Stelle, diesmal in der Innenpolitik bei „Profil“. Ich habe mich beworben und die Stelle tatsächlich bekommen. 

Ich hatte beide Male mehr Glück als Verstand. Allein dass diese beiden Stellen tatsächlich ausgeschrieben waren, ist im österreichischen Journalismus außergewöhnlich. Ich bin in den Journalismus gegangen mit der festen Überzeugung, dass es da eigentlich überhaupt keine Zukunft gibt. 

Zuerst habe ich Lebensmittel- und Biotechnologie studiert, weil ich mir gedacht habe, so lerne ich was Gescheites und dann kann ich immer noch Journalist werden. Aber im Journalismus nebenbei durchzustarten, ist sich für mich nicht ausgegangen.

Man muss mit aller Härte sagen: Wäre meine Familie ärmer, hätte ich diesen Weg nicht eingeschlagen. Das hätte ich mir nicht leisten können. So konnte ich mein LBT-Studium abbrechen und ganze drei Jahre lang Journalismus studieren. Das ist — wenn man sich die Zukunftsaussichten in der Branche anschaut – eigentlich irre. Und es war mir auch möglich, schlecht bezahlte Praktika im Journalismus zu machen.

Bevor ich den Job bei der „Kleinen Zeitung“ bekommen habe, war ich sehr nah dran, das Ganze hinzuhauen und etwas anderes zu machen. Jetzt bin ich aber froh, das machen zu können, was ich mache. Ich habe mein ganzes Leben lang – also seit ich lesen kann – „Profil“ gelesen. Ich bin mit dem Heft aufgewachsen. Es sind tolle Leute dort und ich kann genau die Dinge machen, die ich will.

Aber ich habe beim „Profil“ angefangen mit dem Wissen, dass Anna Thalhammer als neue Chefredakteurin zwei Jahre Zeit bekommen hat, um das Ruder rumzureißen und die Redaktion wieder auf Schiene zu bringen. Ich denke mir halt, ich kann da jetzt zwei Jahre richtig reinhackeln. Falls es dann trotzdem nicht funktioniert, haben wir es wenigstens probiert. 

Außerdem denke ich mir: Egal was passiert, die Stadt Wien sucht immer nach neuen Straßenbahnfahrern. Das gibt mir schon Sicherheit: Wir steuern auf eine Phase von massiven Arbeitskräftemangel zu. Ich liebe meinen Job und will keinen anderen machen. Aber ich glaube, dass ich, sollte ich aus der Branche rausfliegen, in jedem Fall mein Überleben sichern kann. 

Ich kann niemandem mit gutem Gewissen sagen: Hey, das ist eine Branche, in die du gehen solltest. Das ist super und da wirst du einen Job finden und das wird dich glücklich machen. Aber ich persönlich würde momentan trotzdem in keiner anderen Branche arbeiten wollen. 

Es gibt Möglichkeiten im österreichischen Journalismus. Es ist wichtig, dass junge Menschen auch weiterhin versuchen, in dieser Branche Fuß zu fassen. Denn kritischer Journalismus ist so wichtig, insbesondere junge Perspektiven im Journalismus sind so wichtig.

Max Miller, Foto: profil/Alex Unger

Maximilian Miller, 27 Jahre alt, Journalismusstudium an der FH Wien, zuerst Innenpolitik-Redakteur bei der „Kleinen Zeitung“, inzwischen Politikredakteur beim Nachrichtenmagazin „Profil“


„Ich will in Österreich einfach nicht mehr als Journalistin arbeiten“

Ich habe eigentlich als freie Journalistin angefangen, weil ich das immer schon machen wollte. Es war mein Traumjob. Aber ein Journalismusstudium lag mir nicht so nahe, da ich nicht aus einem Umfeld komme, in dem Leute kreative Jobs haben. Ich bin auch sehr froh, dass ich eine Ausbildung in einem anderen Bereich gemacht habe.  

Weil, wenn du mit Ende 20 realisierst, dass du eigentlich gar nicht genau weißt, ob es in deiner Branche weiter geht, ist das hart. Und es geht eigentlich allen meinen Freund*innen im österreichischen Journalismus so. Fast alle finden die Medien, bei denen sie arbeiten, scheiße. Das Problem an der Medienbranche ist, dass es nicht einfach wie in anderen Branchen möglich ist, das Unternehmen zu wechseln. Es gibt so wenig Jobs und Medien, mit denen sich junge Leute identifizieren können. Und wo dann auch noch das Geld dafür da ist, damit du machen kannst, was du machen willst.

Ich bin übers Rumprobieren reingerutscht und hatte später auch Festanstellungen bei verschiedenen Medien, aber es war nirgends wirklich cool. Ich habe hauptsächlich Onlinejournalismus gemacht, manchmal auch Print. 

Jetzt arbeite ich in Deutschland und sehe einen großen Unterschied. Dort ist mehr möglich. Das ist auch ein Tipp, den ich von vielen Leuten bekommen habe: Wenn du wirklich Journalismus machen willst, dann solltest du nach Deutschland gehen.

Wenn ich im Journalismus bleiben will, dann werde ich das wahrscheinlich auch tun, weil es keine österreichischen Medien gibt, für die ich arbeiten möchte. Ich will jetzt gar nicht arrogant klingen. Aber ich sehe, wie die Leute im österreichischen Journalismus auftreten, ich sehe, wie Personen in Führungspositionen nach außen kommunizieren. Ich finde das schlimm.

Und ich finde, dass man in Österreich viel mehr buckeln muss. Es ist halt alles ein bisschen unprofessioneller. Ein Teil des Jobs ist, dass man sich bei den richtigen Leuten einschleimt und auf die richtigen Partys geht. In der Branche wissen alle, dass Jobs oft freunderlwirtschaftsmäßig vergeben werden. Nicht falsch verstehen, Netzwerke sind wichtig. Aber in Österreich hat das oft so eine unangenehme Komponente. 

Teilweise sind die Debatten in Österreich auch so hinten. Meine Horrorvorstellung ist, dass ich mal beim „Kurier“ sitze, es ein Pro und Contra gibt, und ich schreiben muss, warum Gendern wichtig ist und irgendein Typ schreibt, warum Gendern voll schlimm ist. Da würde ich innerlich sterben. Das sind einfach Sachen, die mich nicht mehr interessieren.

Mittlerweile weiß ich gar nicht mehr, ob ich überhaupt hauptberuflich im Journalismus bleiben mag. Je älter man wird, desto eher will man auch Geld verdienen. Mit 22 freust du dich, wenn du lange Reportagen schreiben kannst und es ist dir vielleicht egal, wenn du nur ein paar hundert Euro dafür kriegst. Aber das ändert sich. Wenn ich jetzt sehe, was andere sich leisten können, die einen „Average Corporate Job“ haben, dann bin ich schon ein bisschen neidisch. 

Damit du im Journalismus Erfolg hast, musst du sehr viel Energie und Zeit reinstecken. Das geht oft mit sehr viel freiwilliger Selbstausbeutung einher. Es ist egal, mit wem man in Österreich redet. Ich kenne so viele junge Leute, die sehr motiviert in ihren Job reingegangen sind und dann einfach sehen mussten, wie ihre Arbeit verbrennt. Und dann schafft man es vielleicht mal zu einer Anstellung, freut sich und ein halbes Jahr später denkt man sich nur so: Alter, was geht eigentlich? Oder man wird einfach rausgehauen. Ich bin selber einmal gekündigt worden. Auch Freundinnen von mir sind aus dem Nichts heraus gekündigt worden. Ich glaube, das will ich einfach nicht mehr.

anonym (Name der Redaktion bekannt), Journalistin, in ihren Zwanzigern, hat eigentlich eine andere Berufsausbildung, arbeitet inzwischen frei für ein deutsches Medium, zuvor bei verschiedenen Medien in Österreich tätig


„Die allergrößte Frechheit in dieser Branche ist, dass man sich oft von einem schlecht bezahlten Praktikum zum nächsten hangeln muss.“

Als freier Mitarbeiter bei FM4 bin ich über den Konzern versichert, kann in Krankenstand gehen, kann auf Urlaub gehen, bekomme Sonderzahlungen, aber ich habe keinen Arbeitsvertrag. Das heißt, ich werde auf Honorarbasis bezahlt, für alles, was ich abliefere. Und wenn ich eine Zeit lang nichts abliefere, bekomme ich auch nichts bezahlt.

Damit habe ich sehr lange gehadert. Ich bin ein Mensch, der finanziell ganz gerne den Überblick bewahrt und für die Zukunft plant. Ich habe nie am Hungertuch nagen müssen. Das Gehalt hat immer ausgereicht. Ich kann mich aber an sehr viele Wochen erinnern, wo ich wesentlich mehr als zehn Stunden pro Tag in der Redaktion gesessen bin.

Was dazu kommt: Wenn es hart auf hart kommt – und der ORF muss aktuell sehr viel sparen – sind die Freien wahrscheinlich die Ersten, bei denen der Rotstift angesetzt wird. Ich bin jetzt seit zwei Jahren im Konzern, ich habe keine Anstellung in Aussicht. Es heißt auch ganz klar von oben, dass das wahrscheinlich so schnell nicht passieren wird. Ich habe Kolleg*innen, die schon viel länger als Freie dabei sind und nach wie vor nicht angestellt sind. 

Die unsichere Situation beschäftig mich nicht tagtäglich, aber ich liege schon schon regelmäßig nachts im Bett und denke mir: Ok, wenn es jetzt aus ist, was mache ich dann? Das ist schon eine schreckliche Vorstellung. Vor allem, wenn man darauf hingearbeitet hat, eben genau dort zu sein, wo man jetzt ist. Und vielleicht dort auch Sachen umkrempeln möchte, die aus der eigenen Sicht nicht so gut funktionieren. Diese Vision dann wegen Sparplänen zerstört zu bekommen, ist sehr ungut.

Auch im Umfeld werde ich immer wieder darauf angesprochen. Aber weil ich eine wöchentliche Sendung habe, rede ich mir ein, dass ich wahrscheinlich nicht der Erste bin, der gehen muss. Aber vielleicht ist das nur ein Wunschtraum.

Ich kenne Leute, die sich von einem unbezahlten oder sehr schlecht bezahlten Volontariat zum nächsten gehangelt haben und nebenbei auch noch andere Jobs hatten. Nie gab es irgendwo eine Aussicht auf Anstellung oder freie Mitarbeit. Es ist ein deprimierendes Bild. Und ich kenne so viele Leute, die in ihrem Medienjob unglücklich sind, etwa mit den Hierarchien oder den Workflows. Sparmaßnahmen gibt es in der kompletten Medienlandschaft. Man liest alle paar Monate, dass wieder Redaktionen zusammengespart werden oder dass der politische Druck auf Redaktionen wächst. 

Gerade auf jungen Journalist*innen lastet sehr viel Druck. Da heißt es dann in vielen Redaktionen: Die Jungen sind eh motiviert, das sollen die machen. Genauso auch bei Praktikant*innen. Viele ältere Vorgesetzte denken sich anscheinend: Na, das drücken wir denen auf. Wir haben eh zu wenig Leute, darum sollen es die Praktikant*innen machen.

Die allergrößte Frechheit im Journalismus ist, dass man sich teilweise von einem schlecht bezahlten, unbezahlten Praktikum zum nächsten hangeln muss. Und dass man dort dann oft 50 Stunden in der Woche für 100 Euro im Monat arbeitet und die Arbeit macht, wofür sich viele Redakteur*innen zu gut sind.

Was auch schlimm ist – das ist in Österreich ja generell ein Problem: Wenn man jemanden kennt, der jemanden kennt, der in einem Medienbetrieb, in einer Redaktion ist oder in einem Medienunternehmen ist, hat man es sehr viel leichter.

Die Summe von all diesen Sachen trifft dann vor allem junge Menschen, die finanziell nicht die Ressourcen und Unterstützung haben. Und dann wird immer davon gesprochen, die Redaktionen müssen diverser werden. Aber durch diese Strukturen arbeitet man da ganz klar dagegen. 

René Froschmayer, Foto: privat

René Froschmayer, 27, kommt eigentlich aus dem technischen Bereich, Studium der Publizistik & Kommunikationswissenschaften, währenddessen Praktika und Volontariate im Journalismus, inzwischen freier Moderator und Redakteur bei Radio FM4


„Es geht nicht nur um Repräsentation, der Journalismus braucht dringend diverse Perspektiven“

Ich hatte extremes Glück mit der „Chefredaktion“. Das ist eines der wenigen Medien, das junge Journalist*innen fördert. Ich bekomme dort viel Unterstützung und habe mich auch immer sehr sicher gefühlt. 

Das hat sich zuletzt aber ein bisschen verändert. Bevor ich für ein Praktikum bei der „taz“ nach Berlin gegangen bin, habe ich mitbekommen, dass es beim Magazin „Biber“ (und die „Chefredaktion“ hängt bekanntlich am „Biber“) kriselt. Nachdem der „Biber“ jetzt komplett eingestellt wurde, ist auch nicht ganz klar, wie es mit der „Chefredaktion“ weitergeht. Obwohl ich diesbezüglich großes Vertrauen in Melisa (Anm: Melisa Erkurt, Chefredakteurin und Gründerin „Chefredaktion“) habe.

In den letzten Wochen und Monaten hat sich dennoch eine große Angst bei mir breit gemacht. Mein aktuelles Praktikum ist sehr cool. Aber ich merke, dass ich einen starken Druck verspüre, besonders viel Leistung abzuliefern, weil ich weiß, wie schwer es ist, irgendwo tatsächlich angestellt zu werden und sich gegenüber anderen durchsetzen zu müssen.

Es passiert schnell, dass man sich mit anderen vergleicht. Dabei versuche ich eigentlich, junge Journalist*innen nicht in Konkurrenz zueinander zu sehen. Journalismus ist so wichtig, da sollte es eigentlich um die Sache gehen. Ich glaube, es wäre besser, wenn wir alle gemeinsam an demselben Ziel arbeiten würden, nämlich daran, guten Journalismus zu machen. Zumindest in meiner Generation gibt es da einen großen Zusammenhalt – wir verfolgen etwa das gemeinsame Ziel, Redaktionen und den ganzen Journalismus diverser zu machen. 

Wenn man aber Redaktionen damit konfrontiert, dass sie fast ausschließlich weiß und akademisch sind, hört man oft das Argument, es würden sich ja nicht genug andere Leute bewerben. Das hat vielleicht einen wahren Kern, fehlende Repräsentation führt sicher auch dazu, dass sich viele bei Ausschreibungen etc. nicht angesprochen fühlen. Aber ich sehe bei der „Chefredaktion“, dass sich sehr wohl viele nicht weiße Menschen bewerben. Die Forderung nach Diversität wird oft als Identitätspolitik abgetan, aber es geht nicht nur um Repräsentation. Der Journalismus wird einfach besser und zielgenauer, wenn er verschiedene Perspektiven abbildet. 

In Redaktionen mit einem hohen Anteil älterer Mitarbeiter*innen ist oftmals dieser generelle Objektivitätsanspruch präsenter. Da wird davon ausgegangen, dass es so etwas wie eine objektive Haltung gibt. Vielen in meiner Generation ist hingegen klar, dass niemand komplett objektiv sein kann. Das ist einfach nicht möglich. 

Der eigene Background fließt subtil immer ein, allein schon in der Auswahl der Themen. Und wenn dann wieder einmal in der Redaktionssitzung gesagt wird: Das Thema Rassismus wurde jetzt schon so oft durchgekaut, dann denke ich mir: Für viele Leute ist dieses Thema halt auch sehr wichtig. Nur weil das in einer überwiegend weißen Redaktion für nicht so wichtig befunden wird, heißt das nicht, dass man nicht darüber berichten muss. Wir bringen alle unsere persönlichen Geschichten mit. Und es ist wichtig, das immer mit zu bedenken – gerade im Journalismus.

Alena Wacenovsky, Foto: privat

Alena Wacenovsky, 22 Jahre alt, Redakteurin beim Onlinemedium „Die Chefredaktion“, aktuell Praktikantin bei der „taz“ in Deutschland, studiert nebenbei Theater-, Film und Medienwissenschaften

Disclaimer: Der Autor befindet sich mit keine*r der interviewten Personen in einer engeren freundschaftlichen Beziehung. Man kennt einander über Social Media und aus der Branche. 

Lesetipp: Auch außerhalb von Österreich kämpfen viele junge Journalist*innen mit ähnlichen Problemen. Das „Reuters Institute for the Study of Journalism“ hat diese Woche einen Text über das Leben und den Berufsalltag von zehn jungen Journalist*innen aus Europa, Nord- und Südamerika veröffentlicht.
Autor*in: Emil Biller

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