Hier kommt alles, was du wissen solltest, kompakt erklärt. Heute ist wieder tag eins!

Hallo!
ich war gerade bei zwei Pressekonferenzen, die den Polizeieinsatz am Persmanhof behandelten und berichte dir direkt über das heute wichtigste innenpolitische Thema


Peršmanhof: „Vorwand“ statt Rechtsgrundlage
Ein Hubschrauber kreist über dem Kärntner Peršmanhof, unten durchkämmen Dutzende Polizisten das Gelände. Was aussieht wie der Zugriff auf ein kriminelles Netzwerk, entpuppt sich als Einsatz gegen ein Antifa-Bildungscamp mit rund 60 jugendlichen Teilnehmenden.
Der Vorfall vom 27. Juli 2025 wirft Fragen auf – die teilweise heute mit der Präsentation des Berichts (Öffnet in neuem Fenster) über die Razzia beantwortet wurden. Dessen Fazit: “Der Einsatz war in vielerlei Hinsicht rechtswidrig und unverhältnismäßig.” Kritisiert wird vor allem das Verhalten des stellvertretenden Leiters des Landesamts Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE), der den Großeinsatz eigenmächtig angeordnet und geleitet hat.
Die Beamt*innen führten Identitätskontrollen durch, nahmen drei Personen fest, durchsuchten zwei von ihnen und betraten das Gebäude der Gedenkstätte – gegen den erklärten Willen der Verantwortlichen. Offiziell hieß es, man wolle „Verwaltungsübertretungen“ wie illegales Zelten, falsches Parken oder „Anstandsverletzungen“ durch Transparente prüfen. Doch die Begründung hielt keiner genaueren Betrachtung stand. Die Hinweise “aus der Bevölkerung” tauchten in Akten nicht auf.
Eine später eingesetzte unabhängige Untersuchungskommission fand in ihrem heute vorgestellten Bericht klare Worte: Der Einsatz war in vielerlei Hinsicht rechtswidrig und unverhältnismäßig gewesen. Hinter den angegebenen Gründen habe sich ein anderes Ziel verborgen – die Erfassung der Identitätsdaten der Teilnehmenden.
Aus Unterlagen geht hervor, dass der stellvertretende Leiter des LSE Kärnten die Aktion eigenmächtig initiierte – ohne Rücksprache mit Vorgesetzten. Der anwesende Bezirkshauptmann blieb weitgehend untätig, während der Leiter der BFA-Außenstelle Festnahmen anordnete, obwohl ihm die Befugnis dazu fehlte. Selbst in Polizeikreisen sorgt dieser Ablauf für Kopfschütteln. Bei der Präsentation des Berichts betonte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), dass aber andere beteiligte Polizist*innen sich richtig verhalten haben. Überhaupt betonte er mehrmals, dass die Polizei in Österreich gute Arbeit leiste.
Gegen den stellvertretenden Leiter des LSE Kärnten wurden disziplinarische Maßnahmen ergriffen und es wird wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch ermittelt. Es bleibt die Frage, wie es möglich war, dass er schaltet und waltet, wie er wollte.
Offiziell richtete sich der Einsatz nicht gegen die slowenische Volksgruppe oder die Gedenkstätte selbst, sondern gegen das vermeintlich „linksextreme“ Antifa-Camp. Doch ausgerechnet am Peršmanhof, einem Ort des Widerstands und Gedenkens an die von einer SS-Polizeieinheit ermordete slowenische Familie Sadovnik, wirkt der Auftritt der Staatsmacht besonders befremdlich.
Die Untersuchungskommission kommt in ihrem Bericht auch zu dem Schluss, dass bei den Einsatzkräften es an Bewusstsein gefehlt habe, dass ein Polizeieinsatz am Peršmanhof besondere Sensibilität erfordert.
In ihrem Bericht empfehlen die Expertinnen und Experten unter anderem, die Geschichte des Peršmanhofs in die Aus- und Fortbildung der Exekutive sowie des Landesamts für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) Kärnten aufzunehmen. Zudem solle die Polizei künftig verstärkt Bodycams einsetzen und in gemischtsprachigen Gebieten ausreichende Sprachkompetenz, auch auf Führungsebene, sicherstellen.
Das Innenministerium will die Empfehlungen umsetzen. Minister Karner kündigte an, Polizist*innen künftig regionalspezifisch weiterzubilden. Damit solle sichergestellt werden, dass Einsätze an historischen oder sensiblen Orten mit dem nötigen Fingerspitzengefühl erfolgen.
Vor jedem Einschreiten bei Gedenkstätten solle künftig ein Vier-Augen-Prinzip mit der übergeordneten Dienststelle gelten, außerdem müsse vorab Kontakt mit der Leitung der Gedenkstätte aufgenommen werden. Zugleich, so Karner, gelte es, „eine Vereinnahmung von Gedenkstätten durch politische Gruppen zu verhindern“.
Mit den geplanten Maßnahmen will das Ministerium nicht nur Vertrauen zurückgewinnen, sondern auch verhindern, dass sich ein Einsatz wie jener am Peršmanhof wiederholt.

Putin bombt, statt zu verhandeln
Seit Monaten führt Russlands Präsident Wladimir Putin die Welt im Ukrainekrieg vor. Jetzt hat er einmal mehr gezeigt, dass ihm nicht an Verhandlungen gelegen ist und dass er nicht von seinen Maximalforderungen an die Ukraine abrücken wird. Zu einem angeblich angedachten Treffen mit US-Präsident Donald Trump wird es nicht kommen, erklärt die taz (Öffnet in neuem Fenster). Trump erklärte am Abend, er habe das Gespräch vorerst abgesagt, weil er sich keine Fortschritte davon erhoffe.
Gleichzeitig gehen die Angriffe auf die Ukraine unvermittelt weiter. Gestern haben die Drohnen und Raketen auf Charkiw auch einen Kindergarten getroffen, aber keines der Kinder wurde verletzt. Außerdem zielte Russland besonders auf die Energieinfrastruktur des Landes, um vor dem Winter die Wärmeversorgung zu schwächen. Im gesamten Land wurden mindestens sechs Menschen getötet, berichtet die Tagesschau (Öffnet in neuem Fenster) in einem Überblick.
Die EU hat am Abend ein 19. Sanktionenpaket verhängt, das für geringere Einnahmen aus dem Verkauf von Gas und Öl für Russland sorgen soll. Die USA will ebenfalls weiteren Sanktionen folgen lassen, allerdings scheint zu diesem Zeitpunkt weitgehend klar zu sein, dass sich Putin davon kaum beeindrucken lassen wird.

Umstrittenes Sponsoring: Austria Wien kooperiert doch nicht mit Lukoil
Es war ein kurzes Gastspiel: Die Wiener Austria löst ihren Sponsoringvertrag mit der Österreich-Tochter des russischen Ölkonzerns Lukoil wieder auf – nur eine Woche nach der Ankündigung. Der Grund: neue US-Sanktionen gegen russische Energieriesen. Angesichts des Angriffskriegs gegen die Ukraine sorgte das Engagement für Kritik – und für eine „schiefe Optik“, wie Der Standard (Öffnet in neuem Fenster) berichtet.
Nicole Selmer, Chefredakteurin des Magazins Ballesterer (Öffnet in neuem Fenster), spricht von „einem Lehrbuchbeispiel für Sportswashing“. Lukoil nutze die Austria, um sich „in einem freundlichen Umfeld, fern von Bomben auf Kindergärten“ zu präsentieren.
Auch viele Fans reagieren empört. In sozialen Netzwerken wird kritisiert, dass ein russischer Großkonzern PR bei einem Traditionsverein betreibt.
Die Wende kam, nachdem die US-Regierung unter Präsident Donald Trump neue Strafmaßnahmen gegen russische Energieunternehmen verhängte. Erstmals trifft es direkt Konzerne wie Lukoil und Rosneft – samt aller Tochterfirmen. Deren Vermögen in den USA wird eingefroren, und weltweit sind Dollartransaktionen ab 21. November untersagt.
Brisant ist ein weiterer Passus: Auch ausländische Banken, die Geschäfte mit den Sanktionierten abwickeln, riskieren selbst US-Sanktionen – und damit den Ausschluss vom Dollarhandel. Für die Austria bedeutet das: Selbst wenn das Sponsoring rechtlich in der EU zulässig war, wäre eine Zahlung aus Russland kaum mehr durchführbar. Washingtons Druck zeigt Wirkung – bis an den Verteilerkreis.

Hier empfehlen wir dir jeden Tag ein Recherchestück eines unabhängigen, kleinen Mediums aus Österreich, den aktuellen Krautreporter-Text und unser Fundstück des Tages. Viel Spaß!

Hurra, die Handys sind wieder da! Und wie war der Entzug?
13 Lienzer Schulkinder haben drei Wochen ohne Handys durchgehalten und berichten Erstaunliches: „Ich hätte es länger ausgehalten.“
https://www.dolomitenstadt.at/2025/10/22/hurra-die-handys-sind-wieder-da-und-wie-war-der-entzug/ (Öffnet in neuem Fenster)
Was wir über Freundschaft neu lernen müssen
Freundschaften machen nachweislich glücklicher als Beziehungen allein. Tipps von Expert*innen und der KR-Community, wie du deinen Freund:innen den Platz einräumst, den sie verdienen.
https://krautreporter.de/leben-und-lieben/6112-was-wir-uber-freundschaft-neu-lernen-mussen (Öffnet in neuem Fenster)