Job verloren wegen Demo gegen Identitäre?
Hier kommt alles, was du wissen solltest, kompakt erklärt. Heute ist wieder tag eins!

Hallo!
Gleich zweimal geht es heute um Kinderwünsche – darum, ob, wie und wann man sie hat. In unserem Krautreporter-Text des Tages schreibt Theresa Bäuerlein über den Mythos vom „natürlichen Kinderwunsch“. In Österreich hat der Verfassungsgerichtshof gestern das Verbot von Social Egg Freezing aufgehoben. So wie in den meisten europäischen Ländern üblich, dürfen dann Eizellen auch aus nicht medizinischen Gründen eingefroren werden. Mehr dazu im Nachrichtenteil.

Außerdem: Pflegekräfte fallen jetzt unter die Schwerarbeiterregelung und in Japan regiert nun eine Frau.

Pflegekräfte sind jetzt Schwerarbeiter*innen
Im Frühjahr hat die Regierung angekündigt, Pflegekräfte in die Schwerarbeiterregelung aufzunehmen; nun wurde die Verordnung vom Ministerrat beschlossen (Öffnet in neuem Fenster). Wer schwer arbeitet, darf ab sechzig in Pension gehen, andere fünf Jahre später. Bis jetzt war das etwa Bauarbeiter*innen oder Schichtarbeiter*innen in der Industrie vorbehalten, ab 1. Jänner 2026 kommen die Pflegekräfte hinzu. Auch Teilzeit-Pflegekräfte haben Anspruch auf den früheren Pensionsantritt, wenn sie mehr als 50 Prozent arbeiten. So einfach zu erreichen ist das aber nicht: Man braucht 45 Versicherungsjahre, 10 davon müssen in den letzten 20 Jahren als Schwerarbeit anerkannt sein.
„Wir wissen, die Pflege ist weiblich, und es sind sehr, sehr viele Frauen, die jetzt die Chance haben, in die Schwerarbeit zu kommen“, sagt SPÖ-Sozialministerin Korinna Schuhmann. Es gibt für Österreich zwar keine genauen Zahlen, aber nach Schätzungen arbeiten mehr als die Hälfte der Pflegekräfte in Teilzeit. Das Sozialministerium geht davon aus, dass mit der neuen Regelung etwa 1.000 zusätzliche Personen pro Jahr die Schwerarbeitspension beantragen können. So sollen die dringend benötigten Pflegeberufe attraktiver werden. Da das Frauenpensionsalter sukzessiv angehoben wird, ist davon auszugehen, dass künftig vermehrt Frauen die sogenannte Hacklerregelung wahrnehmen werden.

Eizellen einfrieren wird erlaubt
In den meisten europäischen Ländern ist Social Egg Freezing – also das Einfrieren von Eizellen ohne medizinischen Grund, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu nutzen – erlaubt. In Österreich war das bis jetzt verboten und nur aus gesundheitlichen Gründen möglich, etwa im Zuge einer Chemotherapie.
Der Verfassungsgerichtshof hat das Verbot nun gekippt (Öffnet in neuem Fenster), der staatliche Eingriff in das Privatleben sei unverhältnismäßig. Ab 1. April 2027 wird die Bestimmung aufgehoben. Durch Social Freezing würden keine ethischen Probleme entstehen und ein möglicher sozialer Druck auf Frauen, den Kinderwunsch nach hinten zu verschieben, reiche als Grund für ein Verbot nicht aus, teilte (Öffnet in neuem Fenster) der Verfassungsgerichtshof mit.
NEOS, Grüne, SPÖ und ÖVP begrüßen den Schritt grundsätzlich, die FPÖ ist dagegen. Der Standard (Öffnet in neuem Fenster) weist auf offene Fragen hin, etwa die, ob Alleinstehende, die dann zwar ihre Eizellen einfrieren dürfen, diese später auch nutzen dürfen, wenn sie immer noch alleinstehend sind. Denn künstliche Befruchtung ist in Österreich für Alleinstehende immer noch verboten. Dagegen protestiert (Öffnet in neuem Fenster) gerade eine Gruppe von Solomüttern und hat einen Antrag beim Verfassungsgerichtshof eingebracht.

Japans erste Ministerpräsidentin rückt Land nach rechts
In Japan regiert nun zum ersten Mal eine Frau als Ministerpräsidentin. Gestern hat sich die Parteichefin der bereits regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP), Sanae Takaichi, zusammen mit Stimmen der rechten Oppositionspartei JIP zur Ministerpräsidentin wählen lassen. Sie soll nun allerdings eine Minderheitsregierung führen und dringend nötige Reformen durchsetzen. Japans Wirtschaft und Gesellschaft haben Ähnlichkeiten mit dem deutschen System, beide Länder sind Industrienationen mit Ingenieursschwerpunkt, die mit der Modernisierung hadern und mit Überalterung, zu wenigen Kindern und einem wachsenden Rassismusproblem ringen.
So wichtig Takaichis Wahl als gesellschaftliches Signal für die immer noch sehr patriarchale japanische Gesellschaft ist, so wenig steht sie für eine progressive Politik, ein Porträt hat ZDFheute (Öffnet in neuem Fenster). Stattdessen rückt mit ihr die nach den USA, China und Deutschland viertgrößte Volkswirtschaft der Welt stark nach rechts.
Die 64-Jährige hatte bereits bei ihrer kürzlichen Wahl zur Parteivorsitzenden Inflation und Wirtschaftsentwicklung zu wichtigen Themen erklärt und vertritt eine harte Haltung gegenüber Einwanderung und ausländischen Touristen, berichtet die Tagesschau (Öffnet in neuem Fenster). Die taz (Öffnet in neuem Fenster) schreibt in einem Porträt, dass die Politikerin Margaret Thatcher als Vorbild sehe. (Christian Fahrenbach)

Hier empfehlen wir dir jeden Tag ein Recherchestück eines unabhängigen, kleinen Mediums aus Österreich, den aktuellen Krautreporter-Text und unser Fundstück des Tages. Viel Spaß!

Vom Cyberfeminismus zu feministischen Netzpolitiken
Die Utopie vom Internet als feministischen Möglichkeitsraum – ein Raum in dem Geschlecht und Herkunft keine Rolle spielen – hat sich nicht erfüllt. Im Gegenteil, heute verstärken Algorithmen Diskriminierung, Tech-Firmen sind neue Gate-Keeper und globale Ausbeutung bestimmt auch das Internet. Doch was kann man heute noch von der Geschichte des Cyberfeminismus lernen? Und wie könnte echte Technologiegerechtigkeit aussehen? Diese Fragen stellt sich Francesca Schmidt für die an.schläge.
https://anschlaege.at/vom-cyberfeminismus-zu-feministischen-netzpolitiken/ (Öffnet in neuem Fenster)

Nein, es gibt keinen „natürlichen“ Kinderwunsch
Es ist ganz normal, keine Sehnsucht nach einem eigenen Kind zu haben. Und: Das sagt nichts darüber aus, ob man Eltern werden sollte oder nicht.

Job verloren wegen Demo gegen Identitäre?
Ein österreichischer Jus-Student verliert seinen Job im ÖGB-Büro in Brüssel und erfährt erst ein halbes Jahr später, warum. Im November 2024 wird der damals 27-jährige Armin Parsian, der gerade ein Praktikum in Brüssel absolviert, nach vier Wochen gekündigt, es gäbe ein Problem mit der Sicherheitsüberprüfung, die für diesen Job nötig ist. Warum kann Parsian zu diesem Zeitpunkt nur vermuten, anscheinend hat seine Teilnahme an einer Demo gegen die Identitären im Sommer 2024 damit zu tun. Über diese kafkaesk anmutende Geschichte berichtet heute der Falter in seinem Morgen-Newsletter.
https://newsletter.falter.at/nJ98j6JhQRlNtg (Öffnet in neuem Fenster)Eine gute Wochenmitte wünscht:
Anna
