Hier kommt alles, was du wissen solltest, kompakt erklärt. Heute ist wieder tag eins!

Hallo!
Gestern und heute vor 87 Jahren wütete in Österreich und Deutschland ein antisemitischer, brutaler Mob gegen Jüdinnen und Juden. Synagogen und Tempel wurden in Brand gesetzt, Schaufenster von jüdischen Ladenbesitzer*innen eingeschlagen, Jüd*innen wurden auf offener Straße gedemütigt, beschimpft, bespuckt und geschlagen. Heute erinnern wir uns an die Novemberprogrome von 1938.
Viele Institutionen halten dieser Tage einen Moment inne – so posteten etwa auch die Fußballvereine Austria Wien (Öffnet in neuem Fenster) und Rapid Wien (Öffnet in neuem Fenster) entsprechende Sujets auf Social Media. Unter den Posts wird intensiv kommentiert und das beweist, dass die Gesellschaft – egal ob Fußballfans oder nicht – das Erinnern bewegt. Großteils kommen mahnende und verständnisvolle Worte; viele sind aber auch erschreckend geschichtsvergessend, relativieren offen den Holocaust, hetzen gegen Muslim*innen oder Ausländer*innen oder rufen dazu auf, einen Schlussstrich zu setzen.
Auch das offizielle Gedenkjahr 2025 der Republik neigt sich dem Ende zu. Im Profil-Newsletter (Öffnet in neuem Fenster) hat Gernot Bauer gute Gedanken zum Sinn und Unsinn des ritualisierten Erinnerns aufgeschrieben.

Außerdem heute bei tag eins: In den USA sind die Demokraten vor Donald Trump eingeknickt, ein Super-Taifun bedroht die Philippinen und Harald Mahrer kann sich an der WKO-Spitze vorerst halten, gibt aber den Chefposten der ÖNB auf.

Demokratische Senator*innen knicken im US-Haushaltsstreit ein
Weil sich die regierenden Republikaner nicht mit den oppositionellen Demokraten auf ein neues Budget einigen konnten, ist die US-Bundesverwaltung seit dem 1. Oktober mit allen Ministerien und Agencys im sogenannten Shutdown. Kurz gesagt, der amerikanische Staat darf keine Gelder mehr auszahlen: Arme Menschen bekommen keine Essensmarken, Soldat*innen oder Angestellte der Flugsicherheit kein Gehalt mehr. Trotzdem ging die Arbeit bisher in fast allen Fällen regulär weiter, kürzlich mussten aber beispielsweise etliche Flüge gestrichen werden.
Solche hausgemachten „Naturkatastrophen“ kommen mittlerweile in der US-Politik alle paar Jahre vor; hier eine Reportage (Öffnet in neuem Fenster) vom 2019er Shutdown. Im Kern verlangte die demokratische Seite einige Zugeständnisse – allen voran die finanzielle Weiterführung der allgemeinen Krankenversicherung, die auch als Obama-Care bekannt ist.
Überraschend sind nun am Sonntagabend (lokaler Zeit) sieben demokratische Senator*innen ohne handfeste Zugeständnisse eingeknickt und haben in einem ersten wichtigen Votum mit der republikanischen Seite gestimmt (Öffnet in neuem Fenster). In einem nächsten Schritt muss der Senat einen konkreten Gesetzesvorschlag abstimmen und dann an das Repräsentantenhaus verweisen. Erst wenn beide Kammern zugestimmt haben, werden die Regierungsangestellten wieder Gehälter bekommen.
Ein „Desaster“ nannte der prominente linke Senator Bernie Sanders die Entscheidung seiner sieben Fraktionskolleg*innen, die New York Times (Öffnet in neuem Fenster) sieht in einer ersten Analyse Präsident Donald Trump und die republikanische Partei als Gewinner*innen.

Mehr als eine Million Menschen auf Philippinen fliehen vor Supertaifun „Fung-Wong“
Es war für viele Menschen auf den Philippinen der zweite Taifun innerhalb einer Woche und wieder hat er verheerende Schäden hinterlassen. Rund 1,1 Millionen Bewohner:innen der Inselgruppe hatten ihr Zuhause verlassen, um sich vor „Fung-Wong“ zu schützen, schreibt der Standard (Öffnet in neuem Fenster). Der Taifun erreichte den Staat am Abend Ortszeit mit Geschwindigkeiten von bis zu 235 Stundenkilometern, bis um Mitternacht deutscher Zeit waren zwei Tote bestätigt, aber die Zahl könnte noch steigen. Es ist der 21. Sturm, der 2025 auf die Philippinen traf. „Kalmaegi“ vor wenigen Tagen forderte mindestens 224 Tote.
Auch in zwei anderen Weltregionen haben Naturkatastrophen in Zusammenhang mit Stürmen Tote gefordert. Auf Teneriffa starben drei Menschen durch Riesenwellen, vermutlich ausgelöst durch Stürme über dem Atlantik, mehr bei der Tagesschau (Öffnet in neuem Fenster). In Brasilien sind durch einen Taifun sechs Menschen getötet worden, schreibt der SRF (Öffnet in neuem Fenster).
Die Klimakrise sorgt dafür, dass solche Stürme häufiger vorkommen. ZDFheute (Öffnet in neuem Fenster) erklärt in 90 Sekunden, wie über warmem Wasser tropische Wirbelstürme über dem Ozean entstehen. Das RND (Öffnet in neuem Fenster) hat einen Überblick zu Sturmphänomenen wie Hurrikan, Taifun, Tornado und Orkan. (Christian Fahrenbach)

Präsident Harald Mahrer bleibt nach Wirtschaftskammer-Krisengipfel im Amt
Die Wirtschaftskammer hat versucht, mit einem Krisengipfel der neuen Landespräsidenten die Wogen zu glätten. Wir erinnern uns: Zunächst erntete die Interessensvertretung der Unternehmer*innen heftige Kritik für den hohen Lohnabschluss von 4,2 Prozent. Nicht gut ankam auch, dass Präsident Harald Mahrer (ÖVP) versuchte, die Verschiebung der Gehaltserhöhung als Halbierung zu verkaufen. Die Kritik riss nicht ab, als bekannt wurde, wie hoch die Bezüge und Gehaltserhöhungen von Mahrer und seinen Präsidentenkolleg*innen ausfielen. Das von der Wirtschaftskammer immer geforderte Leistungsprinzip, schien für die Wirtschaftskämmerer selbst nicht zu gelten. Der Rechnungshof kündigte eine Prüfung an.
Im Rahmen der Aussprache stellte Mahrer dann die Vertrauensfrage und konnte sich an der Spitze halten. In einer Pressekonferenz am Montagvormittag kündigte dann der Vielfachfunktionär seinen Rückzug als Präsident des Nationalbank-Generalrats an. Ob das reicht, um die Kritiker*innen zu beruhigen, wird sich zeigen.
Dass die Diskussionen über Sinn, Kompetenz und Parteilichkeit der Wirtschaftskammer nicht so schnell enden werden, zeigt eine Analyse bei Dolomitenstadt.at (Öffnet in neuem Fenster). Dort kritisiert der Medienunternehmer und Journalist Gerhard Pirkner, dass die Tiroler Wirtschaftskammerpräsidentin Barbara Thaler selbst keine erfolgreiche Unternehmerin sei und als Berufspolitikerin ihre Macht von der ÖVP abhänge.

Hier empfehlen wir dir jeden Tag ein Recherchestück eines unabhängigen, kleinen Mediums aus Österreich, den aktuellen Krautreporter-Text und unser Fundstück des Tages. Viel Spaß!

Das nackte (Über-)Leben im Fürchterlichen und im Schönen
The Gap gibt es noch, unabhängigen, alternativen Musikjournalismus gibt es noch. Als ich jung war, waren Musikmagazine noch wirklich wichtig. Die Zeiten haben sich geändert, Institutionen wie die Spex sind (leider) verschwunden. Erfreulicherweise kann sich das österreichische Magazin The Gap seit 1997 halten. Noch etwas älter und auch wunderbar ist die Indie-Rockband Naked Lunch aus Klagenfurt.
Nach zwölf Jahren Pause hat die Band jetzt ein neues Album veröffentlicht: Lights and a Slight Taste of Death. „Zart und fragil, roh und euphorisch“ nennt die Gap das „dröhnende Werk über das Leben mit all seinen Zerwürfnissen“. Ein Hoch auf das selten gewordene Genre der Albumbesprechungen!
https://thegap.at/naked-lunch-lights-and-a-slight-taste-of-death/ (Öffnet in neuem Fenster)
Fast alles, was du über Entwicklungshilfe denkst, ist falsch
Zum Beispiel geht es gar nicht darum, den Ländern im Globalen Süden zu helfen.
https://krautreporter.de/politik-und-macht/5312-fast-alles-was-du-uber-entwicklungshilfe-denkst-ist-falsch? (Öffnet in neuem Fenster)
COP30 - wer, was, wozu?
Ann-Kathrin Büüsker berichtet für den Deutschlandfunk (das ist quasi das deutsche Ö1, nur ohne Musik und mit mehr Informationen) von der Weltklimaschutzkonferenz aus dem brasilianischen Belém. Weil man aber in 3:30 Minuten der Tragweite der Konferenz nicht gerecht wird, schreibt sie auch in ihrem Newsletter darüber und erklärt, wie die Klimakonferenz funktioniert (kompliziert), was zu erwarten ist (ein bisschen etwas) und warum das Einstimmigkeitsprinzip Vor- und Nachteil gleichzeitig ist.
https://steady.page/de/der-uuberblick/posts/0d677269-c890-4e42-ab50-6e79e6a405b0 (Öffnet in neuem Fenster)
Niemals vergessen!
Dominik