Hier kommt alles, was du wissen solltest, kompakt erklärt. Heute ist wieder tag eins!

Hallo!
Manche Überschriften hören sich ja ein bisschen an wie ein No-Brainer. Zum Beispiel „Reiche werden immer reicher“. Okay, weiß ich schon, denke ich und scrolle weiter. Dabei ist es genau bei diesen Dauerbrennern wichtig, nicht zu ermüden und weiter zu recherchieren. Klimakrise immer noch da, Zahl der Femizide weiterhin hoch, Arbeitslosigkeit steigt immer noch und eben: Reiche werden immer reicher.
Letzteres hat wieder einmal eine Studie bestätigt. Diesmal unter der Leitung des Nobelpreisträgers Joseph Stiglitz. Stiglitz spricht (Öffnet in neuem Fenster) von einer weltweiten „Ungleichheitskrise“, die eine ebenso große Gefahr wie die Klimakrise darstelle und dringend angegangen werden müsse.
Weiter hinschauen sollten wir auch bei den heutigen Themen im Newsletter.

Die steigende Arbeitslosigkeit in Österreich, die Kommunal- und Landeswahlen in den USA und die Lage im Sudan.

Österreich: Arbeitslosigkeit steigt weiter
Die Zahl der Arbeitslosen ist auch im Oktober weiter gestiegen. Ein Trend, der sich nun seit zweieinhalb Jahren fortsetzt. 388.000 Personen waren im Oktober beim AMS als arbeitslos oder in Schulungen gemeldet, das ist ein Plus von etwa 4,4 Prozent im Vergleich zum Oktober 2024. Die Arbeitslosenquote liegt nun bei 7,2 Prozent.
AMS-Vorständin Petra Draxl erwartet einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit in der ersten Jahreshälfte 2026 und erst ab der Jahresmitte einen Rückgang. Besonders betroffen sind Frauen und Personen über 50. Genaue Zahlen nennt der ORF. (Öffnet in neuem Fenster) Besonders viele Arbeitslose gibt es in den Industriebundesländern Niederösterreich, Burgenland und Steiermark, vor allem in Industrie und Handel verlieren viele Menschen ihren Job, berichtet der Standard. (Öffnet in neuem Fenster)
Auch wird Österreich wahrscheinlich in diesem Jahr mehr Insolvenzen verzeichnen als im bisherigen Rekordjahr 2005. Das jüngste Beispiel ist der Wiener Baustoffhändler Quester, wie die ZIB2 berichtet. (Öffnet in neuem Fenster) Seit der Corona-Pandemie nimmt die Zahl der Insolvenzen jährlich zu. Vor allem die Branchen Bau, Gastronomie und Handel sind betroffen.

USA: Off-Year-Wahlen als Stimmungstest nach einem Jahr Trump
Heute stehen in den USA besondere Wahlen an – sogenannte „Off-Year-Wahlen“, also Kommunal- und einzelne Landeswahlen in Jahren ohne Präsidentschaftswahl. Sie gelten als Stimmungsbarometer nach dem ersten Jahr von Trumps zweiter Amtszeit – auch mit Blick auf die „Midterms“ 2026, die regulären Halbzeitwahlen zum Kongress.
Sie finden vor dem Hintergrund des seit Wochen anhaltenden Shutdowns statt, der ab Mittwoch voraussichtlich als längster in der Geschichte der USA gelten wird. Millionen Betroffene spüren inzwischen die Folgen – vor allem durch stark eingeschränkte Lebensmittelhilfen (Öffnet in neuem Fenster), die immer mehr Bedürftige zu Suppenküchen treiben. Gouverneursrennen und andere Abstimmungen – etwa in New Jersey, Virginia oder Kalifornien – sollen Hinweise darauf geben, wie stark die politische Polarisierung mobilisiert und wie sehr der Haushaltsstreit die Stimmung im Land prägt (Öffnet in neuem Fenster). Republikaner wollen sehen, ob Zugewinne bei jungen und nichtweißen Wähler*innen halten; Demokraten suchen nach einem Pfad nach vorn – und nach einer möglichen Perspektive für die Präsidentschaftswahl 2028.
Besonderer Fokus liegt dabei auf der Bürgermeisterwahl in New York City. Dort führt der demokratische Kandidat Zohran Mamdani, (Öffnet in neuem Fenster) ein 34-jähriger Abgeordneter des Staatsparlaments und bekennender demokratischer Sozialist, in den Umfragen (Öffnet in neuem Fenster) deutlich. Mamdani, Sohn ugandisch-indischer Eltern und praktizierender Muslim, hat mit seinem Wahlkampf für mehr Bezahlbarkeit – etwa durch kostenlose Busse, eine vierjährige Mietpreisbindung und den Ausbau öffentlicher Kinderbetreuung – landesweit Aufmerksamkeit erregt. Er gilt für viele im linken Flügel der Demokratischen Partei als Symbol für einen progressiveren, sozialpolitisch geprägten Kurs, über dessen Tragweite in der Partei allerdings gestritten wird: Manche sehen in ihm einen nationalen Hoffnungsträger, andere eher ein New-York-spezifisches Phänomen. Auch europäische Linksparteien und Bewegungen verfolgen seinen Wahlkampf aufmerksam – Delegationen aus Frankreich und Deutschland reisten zum Beispiel nach New York (Öffnet in neuem Fenster), um Mamdanis Strategie und den Einsatz sozialer Medien im Wahlkampf zu studieren.
Die zentralen Themen der Wahl (Öffnet in neuem Fenster) in der Stadt: Bezahlbarkeit (Mieten, öffentlicher Nahverkehr), öffentliche Sicherheit, das Verhältnis zu Präsident Trump sowie der Krieg in Gaza. Entscheidend werden mehrere Wählergruppen (Öffnet in neuem Fenster) gehandelt: religiöse Wähler*innen, insbesondere orthodoxere jüdische Gemeinden, für die Mamdanis Haltung zum Gaza-Krieg zum Prüfstein geworden ist; muslimische Communities, die sich teils mit ihm solidarisieren und Ziel islamfeindlicher Angriffe im Wahlkampf wurden; Schwarze Wähler*innen, traditionell die verlässlichste Basis der Demokraten, die Mamdani nach anfänglicher Skepsis stärker umworben hat; sowie Menschen südasiatischer Herkunft, deren politische Mobilisierung in New York zuletzt stark zugenommen hat. Hinzu kommen junge Erst- und Gelegenheitswähler*innen, die Mamdanis soziale Botschaften und sein Auftreten auf Social Media besonders ansprechen, und ein Teil „flexibler“ Republikaner, die zwischen Anti-Mamdani-Lagern (Andrew Cuomo) und klassischen Parteibindungen schwanken. (Johanna Hänsel)

Sudan: Massaker im Schatten der Weltöffentlichkeit
Seit der Eroberung der Stadt Al-Faschir durch die paramilitärische Miliz Rapid Support Forces (RSF) Ende Oktober häufen sich Berichte über Gräueltaten in Darfur. Satellitenbilder und Augenzeugenberichte deuten auf Massentötungen, systematische Vergewaltigungen und Angriffe auf Kliniken hin. Das UN-Menschenrechtsbüro spricht von hunderten, das sudanesische Ärztenetzwerk von mehr als 1.500 getöteten Zivilist*innen allein in den ersten Tagen nach der Einnahme der Stadt. Zuletzt sollen RSF-Kämpfer laut Ärzteangaben sogar eine Kinderklinik mit Drohnen beschossen haben (Öffnet in neuem Fenster).
Die Vereinten Nationen bezeichnen die Lage im Sudan als eine der derzeit schlimmsten humanitären Krisen der Welt (Öffnet in neuem Fenster): Millionen Menschen sind auf der Flucht, Zehntausende in Al-Faschir eingeschlossen oder verschwunden. Nach Einschätzung der International Crisis Group ist das Land de facto geteilt – die Armee kontrolliert den Osten, die RSF den Westen und große Teile Darfurs.
Während die Kämpfe weitergehen, ist die internationale Aufmerksamkeit spürbar abgeflaut. Zwei Jahrzehnte nach dem ersten Darfur-Krieg, der einst weltweite Empörung auslöste, scheint die neue Gewalt weitgehend unbeachtet, schreibt Declan Walsh bei der New York Times (Öffnet in neuem Fenster): „Vor zwanzig Jahren ging das Wort ,Darfur’ um die Welt als Symbol für ungesühnte Gräueltaten in einem fernen Land – heute passiert es erneut“. Doch anders als damals seien Aktivismus, politischer Druck oder diplomatische Initiativen kaum noch vorhanden, obwohl selbst die US-Regierung inzwischen von „Völkermord“ spreche. (Johanna Hänsel)

Hier empfehlen wir dir jeden Tag ein Recherchestück eines unabhängigen, kleinen Mediums aus Österreich, den aktuellen Krautreporter-Text und unser Fundstück des Tages. Viel Spaß!

Verwenden österreichische Medien LLMs?
Der Entwickler Mario Zechner (Öffnet in neuem Fenster) hat (Öffnet in neuem Fenster) sich die Frage gestellt, wie und ob österreichische Medien – allen voran OE24 – mit LLMs, also etwa mit ChatGPT arbeiten. Analysiert hat er das anhand der Häufigkeit von Gedankenstrichen in journalistischen Texten in den letzten Jahren (siehe Satz davor, hüstl), denn diese mögen LLMs besonders gerne.
Wie das mit der Medienförderung zusammenhängt und warum das ein Problem ist, erklärt Mario sehr aufschlussreich und witzig auf YouTube.

Nicht mal der Amazonas ist eine Wildnis – er entstand mit menschlicher Hilfe
Wer den Amazonas schützen will, stellt ihn sich meist als unberührte Natur vor – ein Paradies, das vor Eingriffen bewahrt werden muss. Genau diese Vorstellung macht seine Zerstörung möglich.
https://krautreporter.de/klimakrise-und-losungen/6121-nicht-mal-der-amazonas-ist-eine-wildnis-er-entstand-mit-menschlicher-hilfe#lesen (Öffnet in neuem Fenster)
Jetzt gestartet
Nach einer langen Bewerbungs- und Aufbauphase startet heute das neue österreichische Onlinemagazin jetzt.at (Öffnet in neuem Fenster), finanziert von bisher etwa 6.000 Mitgliedern. Die Macher*innen versprechen zum Start „Journalismus ohne KI“ (Öffnet in neuem Fenster) (gute Idee, siehe oben). Gestern sprachen Gründer Florian Novak und Chefredakteurin Hatice Akyün im kulturMontag auf ORF (Öffnet in neuem Fenster) über den Launch des Magazins in Zeiten der Medienkrise.
Heute startete der redaktionelle Betrieb – unter anderem mit einer langen Geschichte über einen Fall möglicher russischer Industriespionage in Oberösterreich (Öffnet in neuem Fenster). Für Nicht-Mitglieder ist auch ein Essay über die Frage Kinder ohne keine (Öffnet in neuem Fenster) freigeschaltet.
Liebt Gedankenstriche, traut sie sich seit ChatGPT aber leider nicht mehr so oft zu verwenden:
Anna