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Eine heilige Besetzung

Hier kommt alles, was du wissen solltest, kompakt erklärt. Heute ist wieder tag eins!

Hallo!

Im Herbst 2017 beschloss die österreichische Regierung unter Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) das sogenannte „Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz“. Offiziell wurde das Gesetz als Maßnahme zur „Förderung von Integration“ verkauft. Tatsächlich richtet es sich gegen verschleierte muslimische Frauen.

Acht Jahre später zeigt sich, wie viel politisch Kleingedrucktes in einem einzigen Gesetz stecken kann. Inzwischen trifft die Regelung auch Journalist*innen, die bei rechtsextremen Aufmärschen in Wien FFP2-Masken tragen. Eine Kollegin wurde jüngst mit einer Geldstrafe belegt: Verstoß gegen das Verhüllungsverbot, so der Vorwurf. Ihr „Vergehen“? Sie dokumentierte eine Kundgebung der rechtsextremen Identitären – mit Maske.

Dass ausgerechnet ein Gesetz „zur Integration“ nun dazu dient, Reporter*innen zu bestrafen, ist eine der Absurditäten, die die österreichische Innenpolitik in letzter Zeit immer wieder liefert.

Währenddessen sorgt ein anderer Fall weiter für Unruhe: der Tod des ehemaligen Justizsektionschefs Christian Pilnacek. Nach anhaltender Kritik an der Arbeit der Staatsanwaltschaft Krems hat die Oberstaatsanwaltschaft Wien ihr das Verfahren entzogen und an die Kolleg*innen in Eisenstadt übergeben. Begründung: Man wolle das Vertrauen in „Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit“ sichern.

„Schauen wir mal“, war mein erster Gedanke dazu. 

Die Skepsis kommt nicht von ungefähr: Die Erinnerung an den Terroranschlag vom 2. November 2020 ist noch präsent. Damals waren Warnhinweise über Wochen ignoriert worden — der politische Umgang, als das Versagen öffentlich wurde, blieb halbgar.

Außerdem geht es noch um Trumps Pläne für ein Kriegsministerium, mögliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine und den Aufstand mehrerer Nonnen im Salzburger Land.

Trump am Weg zu seinem „Kriegsministerium“ 

US-Präsident Donald Trump will das Verteidigungsministerium wieder „Kriegsministerium“ nennen. Eine entsprechende Anordnung soll er bald unterzeichnen, teilte das Weiße Haus mit.

Verteidigungsminister Pete Hegseth erklärte, die Rückkehr zum alten Namen solle das „Kriegerethos“ der US-Streitkräfte betonen. 

Der Schritt gilt als Formsache: Widerstand im von Republikanern kontrollierten Kongress ist nicht zu erwarten. Trump hatte bereits zuvor kritisiert, der Begriff „Verteidigung“ klinge zu defensiv.

Bis 1949 trug das Pentagon tatsächlich den Namen „Kriegsministerium“. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er geändert, um das Ziel der Abschreckung im Atomzeitalter hervorzuheben. Die erneute Umbenennung dürfte enorme Kosten verursachen – allein durch neue Schilder, Siegel und Briefköpfe weltweit.

Derweil versucht Trump, Venezuela zu destabilisieren. Als am Dienstag ein venezolanisches Schiff vor der Karibikküste von einem US-Kriegsschiff zerstört wurde, war das wohl weniger ein Schlag gegen den Drogenhandel als ein direkter Nadelstich gegen das Regime von Präsident Nicolás Maduro.

Nach Angaben des Pentagon handelte es sich bei dem Ziel um ein "nicht eindeutig identifiziertes, aber verdächtiges Fahrzeug", das dem internationalen Drogenhandel zuzurechnen sei. Die Venezolaner sehen das anders: In Caracas spricht man von einem „Akt der Aggression“ – und von „außergerichtlichen Hinrichtungen“. Elf Menschen kamen bei dem Angriff ums Leben, so der ORF (Öffnet in neuem Fenster).

Die juristische Aufarbeitung dürfte kompliziert werden. Völkerrechtler äußerten am Mittwoch erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einsatzes. 

Vor allem aber wirft der Vorfall ein Schlaglicht auf den Kurswechsel in Washington: Die Administration unter Präsident Donald Trump hatte in den vergangenen Monaten den Druck auf Venezuela massiv erhöht – mit Sanktionen, diplomatischen Drohgebärden und militärischen Manövern vor der Küste. Doch der Angriff von Dienstag markiert eine neue Eskalationsstufe.

26 Länder bekennen sich zu Sicherheitsgarantien für die Ukraine

Frankreich geht voran, Deutschland hält sich noch zurück: 26 Länder sind bereit, zur Sicherung eines möglichen Waffenstillstands in der Ukraine Truppen zu entsenden. Das verkündete EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einem Treffen der sogenannten „Koalition der Willigen“ in Paris. Diese Nationen hätten sich bereit erklärt, Bodentruppen oder Streitkräfte zur See oder in der Luft zu schicken, sagte sie weiter – sie zählte allerdings nicht auf, welche Länder genau dazu zählen, schreibt der Tagesspiegel (Öffnet in neuem Fenster).

Am Rande des Treffens hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auch durchblicken lassen, dass es aktuell keine Fortschritte zu einem Treffen zwischen ihm und Wladimir Putin gebe. 

Dieser hat erneut vor einem Einsatz westlicher Soldaten in der Ukraine gewarnt. Sollten sie entsandt werden, seien sie „ein legitimes Ziel“, sagte der Kremlchef Putin beim Wirtschaftsforum in Wladiwostok, berichtet der ORF (Öffnet in neuem Fenster).

Modedesigner Giorgio Armani ist tot

Er wurde mit Minimalismus zur Modeikone, jetzt ist der italienische Designer Giorgio Armani im Alter von 91 Jahren gestorben. Die Deutsche Welle (Öffnet in neuem Fenster) beschreibt in ihrem Nachruf, dass Armani mit schlichter und eleganter Mode berühmt geworden sei und gar die Farbe „greige“ als Mischung aus grau und beige auf ihn zurückgehe. ZDFheute (Öffnet in neuem Fenster) hat auch kurze Clips seiner Modenschauen und die offizielle Mitteilung seiner Firma. Eine Todesursache wurde nicht genannt.

Bei der Zeit (Öffnet in neuem Fenster) gibt es eine kleine Bildergalerie mit wichtigen Arbeiten Armanis, darunter der Anzug, der im Film „American Gigolo“ Richard Gere zum Weltstar machte. Eine noch größere Galerie gibt es bei ntv (Öffnet in neuem Fenster).

Hier empfehlen wir dir jeden Tag ein Recherchestück eines unabhängigen, kleinen Mediums aus Österreich, den aktuellen Krautreporter-Text und unser Fundstück des Tages. Viel Spaß!

Klosterbesetzung in Elsbethen: Nonnen rebellieren gegen Kirche

Sie sind wütend – und sie wollen zurück in ihr Zuhause: Drei betagte Ordensschwestern haben ihr früheres Kloster in Elsbethen kurzerhand besetzt (Öffnet in neuem Fenster). Es ist ein stiller Aufstand gegen kirchliche Autoritäten – und ein Akt der Selbstermächtigung. 

Der Podcast Dunkelkammer hat mit den Nonnen geredet und mittlerweile drei Folgen veröffentlicht. 

https://dunkelkammer.simplecast.com/episodes/213-drei-nonnen-klagen-an-unsere-menschenrechte-werden-mit-fuen-getreten (Öffnet in neuem Fenster)

Ich lasse mich von den Briten nicht zum Kalorienzählen zwingen

In der neuen Ausgabe unseres Weird-Newsletters denkt meine Kollegin Astrid Probst über eine alte Gewohnheit nach, die sie inzwischen abgelegt hat: das Kalorienzählen. Im Urlaub in Edinburgh fiel ihr auf, dass dort auf Speisekarten überall die mutmaßlichen Kalorienangaben des Essens standen. Sie gerät ins Grübeln und fragt sich, ob sie wirklich auf Basis von 20 Kalorien mehr oder weniger ein Essen auswählen soll.

https://krautreporter.de/sinn-und-konsum/6031-ich-lasse-mich-von-den-briten-nicht-zum-kalorienzahlen-zwingen? (Öffnet in neuem Fenster)

Wie viel bringt algorithmische Polizeiarbeit wirklich?

Die britische Regierung setzt auf Technik im Strafvollzug – mit KI, die Angriffe von Häftlingen vorhersagen soll. Parallel baut die Londoner Polizei den Einsatz von Live-Gesichtserkennung massiv aus. Ungarn nutzte Gesichtserkennung bei der Pride-Parade, Paris bei den Olympischen Spielen 2024. 

Doch ob solche Systeme tatsächlich Verbrechen verhindern, bleibt offen – belastbare Daten fehlen fast überall, schreibt Algorithmwatch in seinem aktuellen Newsletter.  Statt Nachweise vorzulegen, beharren Polizeibehörden auf der Behauptung, die Technik sei unverzichtbar.

https://r.algorithmwatch.org/nl3/KuFEF8ZlJD8GoR-NX9vUlg (Öffnet in neuem Fenster)

Wirft sich jetzt in seine Vintage Adidas-Kollektion und wünscht ein schönes Wochenende,

Markus

PS: Wir entschuldigen uns vielmals für den gestrigen Tippsler im Betreff. Gemeint war natürlich „Lebenscoach“.

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