Hier kommt alles, was du wissen solltest, kompakt erklärt. Heute ist wieder tag eins!

Hallo!
Erst nachdem ihm gefühlt halb Österreich den Rücktritt nahegelegt hatte, zog Harald Mahrer am Donnerstagnachmittag tatsächlich die Reißleine. Der WKO-Präsident hinterlässt das Bild eines Mannes, der in einer für ihn und der Wirtschaft stürmischen Zeit konsequent die falschen Töne traf – und damit ein weiteres Beispiel für die Orientierungslosigkeit der ÖVP lieferte.
Politbeobachter sprechen bereits von einem „verfrühten Christkind“ für FPÖ-Chef Herbert Kickl. Schauen wir mal.
In Österreich gibt es derweil Proteste gegen die Sparmaßnahmen im Sozialbereich. Gestern demonstrierte das Wiener Sucht- und Drogenhilfenetzwerk gegen bevorstehende Kürzungen. Für kommende Woche sind weitere Proteste gegen die Einsparungen angekündigt.

Sonst geht es heute um Islamisten und die Klimakatastrophe.

Razzia bei Tiktok-Islamisten
Bei einer international abgestimmten Aktion hat der österreichische Staatsschutz am Donnerstag 15 Objekte in der Islamistenszene durchsucht, wie er in einer Aussendung (Öffnet in neuem Fenster) schreibt. Drei Verdächtige wurden festgenommen, mehrere Waffen, Datenträger und Bargeld sichergestellt. Parallel liefen Einsätze in Deutschland und der Schweiz.
Der „Joint Action Day“ fand bewusst am zehnten Jahrestag der Pariser Anschläge statt – ein Datum, an dem die Szene laut Innenministerium besonders aktiv ist. Insgesamt gab es neun Vernehmungen, rund 100 Gefährderansprachen und vier vorläufige Waffenverbote.
Die Behörden verweisen auf eine stark wachsende Radikalisierung im Netz, vor allem unter Jugendlichen. Allein in Deutschland wurden über 50 Wohnungen durchsucht, vielfach wegen dschihadistischer Propaganda auf Tiktok, Instagram oder Telegram. Ziel der Razzia waren vor allem Jugendliche (der jüngste erst 14) und junge Erwachsene.
Österreichs Verfassungsschutz wertet die Aktion als Präventivschlag – und kündigt weitere Ermittlungen an.

Mahrers Rücktritt offenbart Dilemma der ÖVP
Die Affäre um Harald Mahrer legt ein Grundproblem der ÖVP offen: die wachsende Entfremdung zwischen Partei und Unternehmern. Nach tagelangem Zögern trat der WKO-Präsident am Donnerstag zurück – zu spät, um die Empörung über schlecht kommunizierte und inhaltlich missglückte Pläne für geringere Lohnerhöhungen einzudämmen.
Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle sieht hinter der Eskalation eine schon länger schwelende Unzufriedenheit in der Wirtschaft: Teuerung, schwaches Wachstum und ein tiefes Budgetloch hätten die Stimmung vergiftet, Mahrers Fehlentscheidungen die Krise verschärft, sagte sie dem ORF (Öffnet in neuem Fenster). Kommunikationsexpertin Heidi Glück spricht von „abgerechneten Rechnungen“ – und warnt, dass nicht nur der WKO-Chef beschädigt sei, sondern zentrale Machtpfeiler der ÖVP.
Für die Partei wird die Lage heikel: Unternehmer wenden sich ab, die Industriellenvereinigung kokettiert offen mit der FPÖ. Selbst in der weiterhin ÖVP-dominierten Wirtschaftskammer könnte sich das Kräfteverhältnis verschieben. Ein bloßer Personalwechsel reiche nicht, warnen Experten – nötig seien Strukturreformen.
Die Sozialpartnerschaft bleibe zwar stabil, doch der ÖVP droht ein Verlust ihres Markenkerns: der Anspruch, natürliche Heimat der Wirtschaft zu sein.

Weltweiter CO₂-Ausstoß steigt 2025 weiter
Trotz jahrelanger Debatten kommt der Kampf gegen die Klimakrise langsam voran – auch 2025 steigen die Treibhausgas-Emissionen weiter an. Aus gestern veröffentlichten Zahlen geht zudem hervor, dass die gemessene Konzentration in der Atmosphäre einen neuen Rekord erreicht hat. Das verbleibende CO₂-Budget, das für ein Einhalten des 1,5-Grad-Ziels aus dem Pariser Klimaabkommen nur noch vorhanden wäre, wird wohl noch vor 2030 aufgebraucht sein, geht aus dem Global Carbon Budget 2025 (Öffnet in neuem Fenster) im Fachjournal Earth System Science Data hervor.
Demnach steigen die weltweiten CO₂-Emissionen in diesem Jahr auf 38,1 Milliarden Tonnen. Im Jahr 2024 waren es 37,8 Milliarden Tonnen. Schuld daran seien vor allem der wachsende Ausstoß durch Erdöl und Erdgas, schreibt die Tagesschau (Öffnet in neuem Fenster). „Angesichts der weiter steigenden CO₂-Emissionen ist es nicht mehr realistisch, die globale Erwärmung unter 1,5 Grad Celsius zu halten“, sagte Pierre Friedlingstein in einer Mitteilung seiner Universität.
Ko-Autorin Corinne Le Quéré betonte allerdings auch, dass die Zahl der Länder steige, die ihre Emissionen reduzieren, obwohl gleichzeitig ihre Wirtschaft wachse. Dies sei zwischen 2015 und 2024 in 35 Ländern der Fall gewesen, doppelt so viele wie noch zehn Jahre zuvor.

Hier empfehlen wir dir jeden Tag ein Recherchestück eines unabhängigen, kleinen Mediums aus Österreich, den aktuellen Krautreporter-Text und unser Fundstück des Tages. Viel Spaß!

Mit Ketamin aus dem Rollstuhl
Seit Jahren kämpfen Long-Covid-Patienten gegen das Vorurteil, ihre Erkrankung sei psychisch. Ausgerechnet in der Behandlung mit Psychopharmaka und Narkosemitteln finden einige von ihnen nun die langersehnte Besserung. Ist das ein Widerspruch?
https://datum.at/mit-ketamin-aus-dem-rollstuhl/ (Öffnet in neuem Fenster)
Wie du das Gefühl der Unsicherheit loswirst
Ein Psychologe, ein Politiker und eine Traumatherapeutin zeigen Strategien, die helfen können.
https://krautreporter.de/psyche-und-gesundheit/6127-wie-du-das-gefuhl-der-unsicherheit-loswirst#lesen (Öffnet in neuem Fenster)
Wie mächtig ist Palantir wirklich?
Es ist viel geschrieben worden über Peter Thiel, den einstigen Arbeitgeber von Sebastian Kurz. Ein aktueller Spiegel-Podcast nimmt nun eines seiner bekanntesten Projekte ins Visier: Palantir. Der „digitale Rüstungskonzern“ verknüpft Daten aus unterschiedlichsten Quellen, macht sie durchsuch- und auswertbar – und liefert seine Systeme an Militärs, Geheimdienste, Ministerien und Großunternehmen.
Gleichzeitig hat sich Palantir, so die Recherchen, zu einem nahezu bedingungslosen Dienstleister und Großspender im Umfeld Donald Trumps entwickelt. Was hat das Unternehmen vor?
https://www.spiegel.de/wirtschaft/peter-thiel-und-alex-karp-palantir-wie-maechtig-ist-die-analysefirma-wirklich-podcast-firewall-a-3c5afe9c-eb41-4299-8ab0-7a9e8e84cbd1 (Öffnet in neuem Fenster)Ergänzend erwähne ich noch, dass ehemalige SPÖ-Politiker*innen bei Palantir arbeiten und die Software beim Bundesheer getestet wurden:
Markus