Es wird schön langsam ernst. Das ist das vorletzte Mal, dass ich mit einem tag eins briefing in dein E-Mail-Postfach slide. Darüber bin ich logischerweise schon ein bisschen traurig. Schließlich war es für mich immer eine große Freude, diese E-Mails zu verfassen und meine Gedanken bzw. unsere Recherchen zu Österreichs Politik und Medien an euch da draußen (immerhin fast 2.500 Personen) zu versenden.
Bevor es mit tag eins wirklich zu Ende geht, sind wir aber auch noch einmal physisch zusammengekommen – zu einem letzten intellektuellen Abendmahl. Die Rechtsextremismusexpertin und Autorin Natascha Strobl hat am Mittwoch am Abend diese Woche in die Rote Bar im Volkstheater in Wien eingeladen, um tag eins gebührend zu verabschieden.
Diese Woche haben wir für dich:
❏ In eigener Sache: Ein Abend für tag eins im Volkstheater Wien
❏ Bericht: Wie Big Tech unabhängigen Journalismus bedroht
Den Abend hat dir Anna Mayrhauser kurz zusammengefasst. Und ich empfehle auch noch die Lektüre meines ausführlichen Berichts zu Big Tech aus Perugia, der am Donnerstag als tag-eins-Text der Woche erschienen ist.
Viel Spaß mit dem tag eins briefing!
Welche Mechanismen stecken hinter der Normalisierung von rechtsextremen Positionen in Medien und was kann man dagegen tun? Warum ist es für unabhängige, progressive Medien so schwierig, sich nachhaltig zu finanzieren, während sich rechtsextreme Portale scheinbar mühelos am Markt halten? Wie sollen etablierte Medien mit sogenannten Kulturkampfthemen umgehen und wie kann unabhängiger Journalismus unter dem Einfluss der monopolisierten Social-Media-Portale und der einflussreichen Tech-Milliardäre, denen sie gehören, weiter existieren und seine Leser*innen erreichen?
Diese Fragen diskutierten am Mittwochabend in der Roten Bar des Volkstheaters Wien die Autorin und Politikwissenschafterin Natascha Strobl, die Autorin Ingrid Brodnig und tag-eins-Redakteur und Journalist Markus Sulzbacher. All das sind Fragen, die auch uns als Redaktion immer wieder umgetrieben haben.
Und so war es auch für uns! Denn auch, wenn das Projekt tag eins nun seinem Ende zugeht, sind wir froh, etwas in der österreichischen Medienlandschaft vorangetrieben zu haben. Ganz besonders freut uns, diese Fragen, die den Journalismus weltweit noch länger beschäftigen werden, nochmal die volle Aufmerksamkeit widmen zu können.
Denn sie hängen auch unmittelbar mit dem Ende von tag eins zusammen. Eines der Grundprobleme der österreichischen Medienförderlandschaft sprach die Digital-Expertin Ingrid Brodnig gleich zu Beginn der Diskussion an: „Österreich hat eine Digitalmedienförderung, die nicht für digitale Medien gilt.“ Während rechtsextreme Medienportale oft intransparente Finanzierungsmodelle hätten und/oder von rechten Milliardären und Parteien finanziert werden würden, sei es für linke und unabhängige Medien, die fair und transparent agieren, viel schwerer, nachhaltige Finanzierungsmodelle zu finden.
tag eins sei ein Gegenstück zu diesen Kulturkampf-Portalen gewesen, würdigte Natascha Strobl unsere Arbeit. Eindringlich sprach sie sich gegen Clickbait und Kulturkampfthemen als Aufhänger in seriösen Medien aus. Demokratische Medien sollten sich fragen: Wie kann ich wirklich interessanten Content produzieren, der keine rechtsextremen Aufhänger braucht?
„Wir müssen diese Kulturkampf-Themen einfach kicken. Sie sind nur heiße Luft und sonst gar nichts. Es geht uns als Gesellschaft gar nichts ab, wenn wir das nicht tun“, sagte Natascha Strobl ganz klar. Markus Sulzbacher betonte, wie sehr Elon Musks Umstrukturierung von Twitter auch tag eins unmittelbar betroffen hat, und wie gut erarbeitete Netzwerke binnen kurzer Zeit zerstört wurden. Ingrid Brodnig sprach über „Krawall“ als journalistische Gattung und betonte, wie schwierig es sei, mit komplexeren Geschichten Aufmerksamkeit zu erregen. Sie gab sich aber auch hoffnungsvoll: „Viele Menschen durchschauen Clickbait mittlerweile und wollen das nicht mehr.“ Auch Natascha Strobl plädierte dafür mutig zu sein und als Medium eigene Agenden zu setzen.
Ein sehr großes Danke an Natascha Strobl und Ingrid Brodnig für die spannende Diskussion und an Nicola Werdenigg, die trotz des tendenziell eher deprimierenden Themas konstruktiv durch den Abend führte.
Hinweis: Einen vollständigen Mitschnitt der Veranstaltung wird es in den kommenden Tagen auf tageins.at geben!
von Emil Biller 📧
Wir müssen das Thema endlich ernst nehmen – das ist die wohl wichtigste Botschaft der verschiedensten Panels, die es heuer rund um Big Tech und den Journalismus auf dem International Journalism Festival in Perugia gab. Emil Biller verlässt das Festival mit gemischten Gefühlen. Warum berichtet er hier:
(Text für alle frei zugänglich – ohne Paywall)
Heute ist Karfreitag. Als doch früh und intensiv von österlichen Katholizismen geprägter Mensch, lasse ich es mir nicht nehmen, zum Abschluss noch ein kleines Gleichnis anzustellen:
So wie Jesus zu Grabe getragen wurde, werden wir auch tag eins zu Grabe tragen. Aber der Geist von tag eins wird in uns allen weiterleben, das verspreche ich hoch und heilig!
Ein paar entspannte Feiertage wünscht,
Emil
von tag eins
PS: Falls du dich fragst, was da los ist: Ich laboriere gerade an einer österlichen Verkühlung, wahrscheinlich sprechen aus mir die Schmerzmittel, ich bitte um Verzeihung.
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